Die Konferenz Adventures with Agile (AWA) fand vor kurzem in London statt. Einige interessant Vorträge sind via YouTube zugänglich, u.a. ein Vortrag von Donald Reinertsen sowie ein Vortrag von Bas Vodde, einem der beiden Autoren von LeSS.
Bas Vodde geht in seinem Vortrag auf die Entstehung und Grundsätze des Large-Scale Scrum (LeSS) ein. Personen die sich mit der Skalierbarkeit agiler Ansätze beschäftigen bekommen hierbei interessante Einblicke, wie LeSS bei Nokia Networks sich langsam herausgebildet hat.
Interessant ist, welche Grundzüge von LeSS Bas betont:
- Bei der Produktentwicklung stets den Kunden bzw. den Kundennutzen im Auge behalten (customer centric whole product focus) und eben nicht abstrakte Prozesse- oder Systemlandschaften mit deren „Ownern“ befriedigen.
- Die Bedeutung von Feature-Teams. Ohne Feature-Teams ist LeSS nicht möglich, da nur mit Feature-Teams Abhängigkeiten aufgelöst bzw. drastisch reduziert werden können.
- Die Unterscheidung zwischen „Multi-Team Scrum“ (LeSS) und „Multiple Scrum-Team“ Ansätzen und die unterschiedliche Sichtweise auf die Skalierung von Scrum Praktiken.
- Verlagerung von Verantwortung (und Entscheidungsbefugnissen) in das Team bzw. in die Teams. Damit geht einher, dass koordinierende Rollen abgeschafft werden. Für Koordination, Abstimmung und Klärung sind die Teams alleinig verantwortlich.
- Der grundlegende Überzeugung „Less is More„: Durch konsequente Eliminierung von Prozesselementen (Rollen, Artefakte, Prozess-Schritten) wird Raum geschaffen für echte, für mehr Verbesserungen. Dahinter steckt das Zusammenspiel von übertragener Verantwortung und geschaffenem Gestaltungsspielraum durch konsequente Reduzierung von Vorgaben.
Im zweiten Teil wird „dem Elefanten im Raum“, dem Scaled Agile Framework (SAFe) einiges an Zeit eingeräumt. Bas erklärt, weshalb er Ansätze wie SAFe für schädlich für eine echte Agilisierung von Unternehmen hält. Im besten Fall wäre SAFe ein „workaround in a context where the real (hard) questions are not answered“. Hierbei bezieht er sich u.a. auf die Etablierung von Featureteams, die sich im Großen und Ganzen selbst organisieren können (Verantwortung übernehmen, Gestaltungsspielraum erhalten), was letztendlich dem Aufbrechen aller existierender Strukturen entspricht.
Diese Einschätzung wurde vor mehr als einem Jahr aus meinem LeSS Kurs auch durch Craig Larman vermittelt. Viele LeSS Praktiken oder Ideen können zunächst in einem „mäßigen“ Umfeld erfolgreich eingeführt werden. Ähnlich wie einer Scrum-Einführung im Kleinen, stößt man aber schnell an die Grenzen, falls die Trägerorganisation an ihren existierenden Strukturen und Rahmenbedingungen festhalten will.
Ein Muster, das sich übrigens auch in Larman’s Laws of Organizational Behavior wieder findet:
Larman’s Laws of Organizational Behaviour
- Organizations are implicitly optimized to avoid changing the status quo middle- and first-level manager and “specialist” positions & power structures.
- As a corollary to (1), any change initiative will be reduced to redefining or overloading the new terminology to mean basically the same as status quo.
- As a corollary to (1), any change initiative will be derided as “purist”, “theoretical”, “revolutionary”, „religion“, and “needing pragmatic customization for local concerns” — which deflects from addressing weaknesses and manager/specialist status quo.
- Culture follows structure.
http://www.craiglarman.com/wiki/index.php?title=Larman%27s_Laws_of_Organizational_Behavior